Da HIV-positiven Menschen nach heutigem Stand der Neuzugang zu Berufsunfähigkeitsversicherungen versperrt ist, bleiben als „etwas tiefer hängende Auffangnetze”  zum Schutz vor Einkommenseinbußen durch Invalidität nur die Unfallversicherung, besonders nach dem Wegfall einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung ohne Gesundheitsprüfung, die von Januar 2011 bis Dezember 2016 am deutschen Markt angeboten wurde.

Die private Unfallversicherung ist dabei aufgrund ihres Schutzumfangs die „kleinste”, mit Abstand aber auch die preisgünstigste Lösung und kann aufgrund ihrer anderen Leistungsdefinitionen sogar bei vorhandener Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung gelegentlich eine interessante Ergänzung darstellen. Auch hier allerdings werden von den meisten Anbietern am Markt Gesundheitsfragen gestellt, und beim Thema HIV steht ein Antrag bei den meisten Anbietern unter keinem guten Stern – mit Ausnahmen.

Mehrere Gesellschaften am deutschen Markt bieten aktuell Lösungen auch für HIV- oder AIDS-Betroffene an, wobei es darauf ankommt, ob ein HIV-positiver Befund vorliegt oder AIDS bereits ausgebrochen ist.  

 

Eine oder keine Gesundheitsfragen

Es klingt verblüffend, doch es gibt zwei Unfallversicherer am deutschen Markt, die ausdrücklich nicht nach HIV fragen. Einer der beiden stellt sogar überhaupt keine Gesundheitsfragen, Antragsteller dürfen allerdings maximal 60 Jahre und nicht durch einen vorherigen Unfallversicherer gekündigt worden sein. Auch wird eine Bonitätsabfrage durchgeführt, im Falle von Negativmerkmalen ist leider kein Abschluss möglich. 

Der zweite Versicherer hat diese Beschränkungen nicht und fragt lediglich nach dem Vollbild AIDS oder Osteoporose. Und das, obwohl die Tarife beider Anbieter zu den absoluten Top-Tarifen zählen und mit ihren Bedingungen den Großteil der deutschen Mitbewerber weit in den Schatten stellen. Im Antrag fragt der zweite Versicherer nur:

Wurden wegen AIDS, Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch, Bluterkrankheit, Epilepsie, Glasknochenkrankheit, Multipler Sklerose, Osteoporose, Paget-Krankheit, Spina bifida, Wirbelgleiten oder Zuckerkrankheit in den letzten 5 Jahren ärztliche Behandlungen durchgeführt oder Medikamente verordnet?

Damit – das stellen auch die Erläuterungen ausdrücklich klar – ist eine Versicherbarkeit von HIV-positiven Personen (einschließlich HIV-bezogener Behandlungen und Medikationen) uneingeschränkt möglich. Dies ist besonders spannend, weil im jeweils größten Tarif beider Anbieter die so genannte Mitwirkungsklausel (siehe Die Mitwirkungsklausel in der Unfallversicherung) praktisch ausgeschlossen wird: Es kommt im Leistungsfall also nicht darauf an, ob HIV den Heilungsprozess nach einem Unfall negativ beeinflusst hat.

Die einzige Einschränkung tritt ein, sobald während der Vertragslaufzeit das Krankheitsbild AIDS ausbricht und der Versicherer davon Kenntnis erlangt. Dies geschieht üblicherweise erst, wenn nach einem Unfall Leistungen beantragt werden; denn hier fragt der Versicherer noch einmal den aktuellen Gesundheitszustand ab. In diesem Fall, so die Auskunft der Gesellschaft auf Nachfrage, wird der erste Leistungsfall ganz normal reguliert – AIDS spielt zunächst also noch keine Rolle. Was jedoch danach geschieht, ist nicht ganz klar. Denn nun ist dem Versicherer AIDS bekannt, und Haftpflicht-, Sach- und Unfallversicherern steht nach jedem Leistungsfall ein Sonder- oder auch Änderungskündigungsrecht zu. Nach mündlicher Information des Anbieters würde in einem solchen Fall wahrscheinlich eine Zusatzklausel vereinbart wie sie beispielsweise bei Diabetikern geschlossen wird: danach würde der Vertrag zwar normal fortgesetzt, sollte aber bei einer späteren erneuten Invalidität nach einem Unfall AIDS zu mehr als 25 % am Entstehen der Invalidität mitgewirkt haben (z. B. durch Beeinträchtigung des Heilungsprozesses), so bliebe der Versicherer leistungsfrei. Theoretisch könnte die Gesellschaft jedoch auch die Fortsetzung des Vertrages ganz verweigern. Für alle HIV-Positiven, bei denen AIDS nicht ausgebrochen ist und nicht im Einzelfall bereits eine Osteoporose begonnen hat, bietet sich hier aber dennoch eine hochwertige Option am Markt, zumal nach dem Ausbruch von AIDS mit Blick auf die geschilderte Besonderheit „kleinere“ Unfallfolgen auch selbst getragen werden könnten und erst in einem wirklich gravierenden Fall auf die Unfallversicherung zugegriffen werden könnte, um so in jedem Fall hochwertige Leistung zu erhalten.

Überdies stehen übrigens in jedem Fall noch immer die im Folgenden vorgestellten folgenden Anbieter für anschließenden Unfallschutz offen, wenn die beiden zuvor genannten Lösungen nicht möglich sind:  

 

Für Personen über 60, mit Kündigung durch den Vorversicherer oder schlechter Bonität, wenn AIDS bereits ausgebrochen ist oder eine Osteoporose besteht

Auch drei andere Gesellschaften verzichten aktuell in ihren Tarifen ganz auf Gesundheitsfragen und schließen bestimmte Krankheiten auch nicht etwa über ihre Annahmerichtlinien oder Bedingungen aus (Ausnahme: es ist bereits dauernde Pflegebedürftigkeit eingetreten). Auch Wartezeiten, wie z. B. bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung mit erleichterten Gesundheitsfragen, gibt es nicht.

Dabei zählen drei dieser Tarife zu den eher älteren, sehr rudimentären Bedingungswerken, die man unter normalen Umständen nicht unbedingt empfehlen würde. So ist einer der großen Knackpunkte die Frage, welche Zeit das Tarifwerk vorsieht, innerhalb derer eine bleibende Invalidität ärztlich festgestellt und dem Versicherer gemeldet worden sein muss.Die „einfachen” Bedingungswerke sehen hier 12 Monate ab dem Unfall zur Feststellung und 15 Monate ab dem Unfall zur Meldung vor. Doch bei komplizierteren Verletzungen und Heilungsprozessen ist nach einem Jahr eine zuverlässige ärztliche Aussage nicht immer bereits möglich. Die Fristen gelten aber anspruchsbegründend: eine Feststellung mehr als 12 Monaten oder eine Meldung nach mehr als 15 Monaten (und hier kann ein Tag entscheiden) entbindet den Versicherer vollständig von einer Leistungspflicht für diese Verletzung. Längere Meldefristen sind in den besseren Bedingungswerken daher schon seit einer Weile Standard geworden - üblich sind 24 Monate für die ärztliche Feststellung und 36 Monate für die Meldung beim Versicherer.

Genau diese – ohne Gesundheitsfragen und sogar ohne Fragen nach Vorschäden oder einem Vorversicherer – bietet das Tarifwerk der dritten Gesellschaft: zeitgemäße Meldefristen sowie die wichtigsten heute üblichen Leistungseinschlüsse in einer Unfallversicherung erfüllt der Tarif allesamt, auch wenn er dafür nicht zu den allergünstigsten am Markt zählt. Verschiedene Zusatzbausteine ermöglichen auf Wunsch überdies die Erweiterung der Unfallversicherung um ein paar interessante Merkmale.

Zu beachten ist allerdings, dass die so genannte Mitwirkungsklausel (siehe Die Mitwirkungsklausel in der Unfallversicherung) in diesem Tarif dennoch bereits ab 35 % Mitwirkung greift (bei den beiden leistungsschwächeren Kandidaten sogar bereits ab 25 %) – hier sollte man nach einem Unfall also unbedingt mit den behandelnden Ärzten sprechen, um die Invaliditätsfeststellung im Rahmen des Zulässigen möglichst günstig formulieren zu lassen.  

 

Weitere Informationen und persönliche Vorschläge erhalten Sie bei Interesse gerne auf Anfrage.